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Philosophisches Curry: Das Ziel ist das Ziel.

Von straßenkühen und postämtern

Wer es als Fußgänger mit der Metropole Bangalore aufnimmt, kann sich abends in seinem Bett als wahrer Sieger fühlen. Es bleibt keine Zeit für Überlegungen, kein Raum zu zögern. Hesitation kills! ruft mir ein (britischer!) Mopedfahrer entgegen. Man muss sich dem Wirrwarr stellen und eintauchen in das Gelärm aus Hupen und quietschenden Bremsen; es gibt keine Ampeln oder Vorschriften. Dazwischen Kühe, Hunde, Kinder, Autoskooter und Fahrräder, Ochsenkarren und Rikschas.

Aus meinen Tagebuchaufzeichnungen; Bangalore, 9.11.2007
Aus meinen Tagebuchaufzeichnungen; Bangalore, 9.11.2007

Ich denke an den ausgeleierten Satz: „Der Weg ist das Ziel!“ und frage mich, gilt das auch auf Indiens Straßen? Oder sind wir froh, wenn wir den Weg geschafft haben und heil am Ziel angelangt sind?

An ihr Ziel sollen auch die Kinderspielsachen, die mir eine Freundin in Wien für ein Waisenhaus in Trivandrum mitgegeben hat und die ich heute zum Postamt in Bangalore bringe. Das Ziel ist spezifisch, messbar, angemessen, realistisch und terminiert: das Spielzeug will ich heute als Paket an das Divine Children´s Home schicken, um es nicht noch weiter mit mir herum schleppen zu müssen. Wenn ich in ein paar Wochen vor Ort bin, werde ich nachsehen, ob alles auch gut angekommen ist.

Indiens Postämter sind mühsam, also stehe ich bereits vormittags am Hauptpostamt von Bangalore in der Warteschlange. Dummerweise ist jedoch der Mann, der meine Päckchen zu einem solchen professionell verschnüren und zusammen nähen soll, schon auf Mittagspause. Man rechnet nicht vor 14 Uhr mit seiner Rückkehr. Ich nehme mein Zeug wieder an mich und beschließe durch den Cubbon Park zu schlendern, mir irgendwo einen Café zu gönnen und die Zeit zu vertrödeln. Ich zähle sieben Straßenhunde, zwei Ratten, vier tibetanische Mönche sowie etliche glotzende Männer in schön gebügelten hellblauen oder rosa Hemden. Ich geselle mich in sengender Mittagshitze zu ein paar Geschäftsleuten an einen Chai-Laden und schlürfe solidarisch hektisch meinen Tee, für den ich nur wenige Rupien bezahle. Dann zurück zur Post. Von dem Mann, der mein Päckchen nähen soll, fehlt jede Spur.

Vielleicht käme ich morgen wieder, rät ein freundlicher Herr von Schalter eins.